Neue Wörter braucht das Land
Erschienen 2.9.1999 auf dem Online-Regionalportal bergstrasse.de

Kennen Sie ein Wort für „nicht mehr durstig“? Eben. Es gibt keins – oder besser gesagt: Es gab keins. Denn der Duden-Verlag und der Teehersteller Lipton traten im Frühjahr an, diesem Manko abzuhelfen. Ein Manko übrigens, das bislang noch niemandem so richtig aufgefallen war. Sei’s drum: Die Initiatoren riefen die Öffentlichkeit in einer groß angelegten Aktion dazu auf, ein Wort für „nicht mehr durstig“ zu kreieren.

Die Resonanz war beachtlich: Von Anfang April bis Ende August beteiligten sich mehr als 100 000 Menschen mit mehr als 45 000 (!) Wortvorschlägen an dem Schöpfungsprozess. Die Palette reichte von Wortkreationen mit Markenanmutung (liptoniced, gecoked) über eher retardierte Codes (nimedu = nicht mehr durstig) bis zu Lautmalerischem (börps, glucksig, bezischt).

Keine leichte Aufgabe für die Jury, die schließlich am 7. Oktober 1999 das neue Wortbaby aus der Taufe hob. Wären Sie drauf gekommen? Es heißt schlicht: „sitt“. Zur Begründung ihrer Wahl führten die Juroren gleich eine ganze Reihe überzeugender Argumente ins Feld:

„Sitt“ enthält keinen Markennamen. Es ist leicht sprechbar und alliteriert darüber hinaus in geradezu klassischer Weise mit „satt“. „Sitt“ existiert im deutschen Wortschatz noch nicht, ist also eine Neuprägung, die sich mit einem Augenzwinkern auf das lateinische „sitim sedare“ (den Durst löschen) zurückführen lassen könnte. „Sitt“ fügt sich darüber hinaus wie sein Partner „satt“ auch ohne Probleme ins deutsche Flexionssystem ein, denn es lässt sich tadellos steigern: sitt, sitter, stittest. Sollte die Getränkewerbung diese Wortkreation populär machen, steht’s in fünf Jahren im Duden. Wetten dass?

Aktueller Kommentar:
Die Wette wäre verloren gegangen: Für den Duden hat’s dann doch nicht gereicht.