Altes E-Werk Neckargemünd, 11. 2. 2012

Absolutely Gypsy!


Als „Shooting Star“ kündigte Roland Gantner vom Arbeitskreis Kultursommer den 19-jährigen Sinti-Swing- und Jazzgitarristen Gismo Graf an. Mit Vater Joschi (Rhythmusgitarre und Gesang) und dem Kontrabassisten Joel Locher war er zu Gast im Alten E-Werk Neckargemünd.

Der Programmchef hatte nicht übertrieben: Schon nach dem ersten Titel des Abends brach Jubel aus unter den vielen Liebhabern des Sinti-Jazz im Publikum. „Absolutely Gypsy“: Unter diesem Motto bot der junge Gismo Graf ihnen mit seinem Trio ein ebenso atemberaubendes wie herzerwärmendes Konzert, das kein Fan so schnell vergessen wird.

In Anlehnung an den „Gitarrengott“ Django Reinhardt wurde dieser Abend vor allem zu einem „Festival Django“, wie eine zum Dahinschmelzen verträumt-melodiöse Eigenkomposition von Gismo und Joschi Graf heißt. Mit dem „Minor Swing“ – dem ersten Stück, das der sechsjährige Gismo einst auf seiner Gitarre übte – sowie einer schwungvoll-heiteren Valse Musette und drei weiteren Django-Reinhardt-Titeln führte das Trio sein Publikum in die vor musikalischer Lebenslust schier überbordende Welt des Sinti-Swings.

Konzentriert und spürbar beseelt von der Lust am musikalischen Fabulieren entfaltete Gismo Graf auf seiner Gitarre Klänge, die an Tempodynamik, Virtuosität und Brillanz manchmal nahezu unglaublich erschienen. „So viele Töne!“ rief ein ebenso fassungsloser wie begeisterter Zuhörer spontan in den beginnenden Applaus zum Reinhardt- Titel „Hungaria“ hinein.


Neben Sinti-Swing-Titeln waren an diesem Abend auch schöne alte Bluesklassiker und Jazzstandards – vom „Tiger Rag“ über Philip Brahams „Limehouse-Blues“ und Charlie Parkers „Donna Lee“ bis zu Gershwins „Embraceable You“ – zu hören und zu genießen.

Aufmerksames Mithören und ein Gefasstsein auf musikalische Überraschungen eröffneten dem Publikum besondere Highlights: War da nicht gerade Bach im Spiel? Beethoven? Led Zeppelin? Das Harry-Lime-Thema aus dem Film „Der dritte Mann?“ Kaum hatte man einen Schnipsel Melodie erkannt, war selbige auch schon wieder verebbt. Mit lausbübischer Gewitztheit ließ Gismo Graf musikalische Zitate und eigene Fabulierungen in die Stücke einfließen.

Vater Joschi Graf an der Rhythmusgitarre sorgte – mit aufmerksamem Blickkontakt zum Junior – für einen vorantreibenden Drive und lieh seine angenehm weich angeraute Stimme seiner Eigenkomposition „Mari Gidli“, gesungen in Romanes, und weiteren Titeln. Mit seinen humorvollen Anmoderationen hatte er das Publikum schnell auf seiner Seite. Joel Locher, ein versierter Sinti-Swing-Spieler am Kontrabass, rundete die Stücke des Gismo-Graf-Trios als verlässlicher Begleiter mit einfallsreichen Akzenten und spannenden Soloeinlagen ab.

Am Ende gab es „Standing Ovations“ für die Künstler – ein schönes und großes Dankeschön des Publikums im Alten E-Werk an das Gismo Graf Trio.