Altes E-Werk, 20. 10. 2012

Rock it!

Ein Abend lang pures Rock-Vergnügen: Mit der Gruppe „Danny and the Wonderbras“ feierte der Rockabilly, eine seit den Fünfziger Jahren schier unverwüstliche amerikanische Südstaaten-Melange aus Rock 'n' Roll, Rhythm & Blues und Country-Musik, fröhliche Urständ im Alten E-Werk Neckargemünd. Auf Einladung des Arbeitskreises Kultursommer stand ein Trio auf der Bühne, das man wohl schon als „Enkelgeneration“ der Rock-Ikonen aus den Fünfzigern bezeichnen kann und das den Sound & Look von Bill Haley bis Elvis auf’s Schönste hegt und pflegt.

Dazu gehört natürlich auch die legendäre „Schmalztolle“ von „Mattes" Kraus. Sie ist kein Haarteil, wie man im Publikum mutmaßte. Ihre Rock-taugliche Festigkeit erhält sie vielmehr durch intensives Styling mit einem sehr heißen Föhn und viel Haarspray.

In klassischer Rockabilly-Besetzung (Danny Wünschel, Gitarre und Gesang; „Mattes“ Kraus, Kontrabass und Gesang; „Toschi“ Neumeier, Schlagzeug) und einem harmonischen zweistimmigem Gesang im Stil der Everly-Brothers präsentierte das Trio klassische Ohrwürmer und viele eigene Songs.

Dabei boten die „Wonderbras“ zwar keine tieferen Einsichten in weibliche Dekolletés, dafür aber prallvoll mit Geschichten vom vielfältigen Leiden am Leben gefüllte Rock-Balladen, insbesondere aus der Rubrik „My girl“. Auch wenn Selbiges in der Rockpoesie notorischen Anlass zu Kummer bietet: Die gute zwei Stunden währende Spielleidenschaft des Trios fegte

jeglichen Liebesfrust mit satten Harmonien und zuversichtlich voranschreitenden Grooves hinweg. Im Rock 'n' Roll siegt eben die Lust über den Frust – und das hält ihn und seine Anhänger jung.

Mit „Hey Joe“ und „Me and Bobby McGee“ standen auf der Playlist des Rocktrios auch zwei durch die Interpreten Jimi Hendrix und Janis Joplin in der Rockgeschichte nahezu „sakrosankt“ gewordene Titel. Kann es denn bei diesen Songs noch eine Version „danach“ geben? Es kann: Mit Respekt und Selbstbewusstsein nahmen die „Wonderbras“ diesen Titeln ihre „bluesige“ Schwermut und gliederten sie als überzeugende Neufassung ins Reich ihrer Rock 'n' Roll-Erzählungen ein.

Spielerische Leichtigkeit zeigten Mattes und Danny auch bei diversen akrobatischen Show-Einlagen, insbesondere mit und auf dem Kontrabass. Kein Wunder also, dass die „Wonderbras“ zu den gefragtesten Rockbands im Lande gehören. An die 180 Auftritte haben sie in diesem Jahr schon hingelegt und eine zehntägige Promotion-Tour für ihre neue CD „Rock it!“ gerade abgeschlossen.

Im Gegensatz zu den Musikern bestand das Publikum vermutlich mehrheitlich noch in „Originalbesetzung“ aus denen, die in den Fünfzigern und Sechzigern jung und dem Rock ‚n‘ Roll verfallen waren. Der Applaus bewies: Sie sind es noch immer! Im Alten E-Werk fanden sie nicht nur beim Zuhören, sondern auch auf der Tanzfläche eine heiße Gelegenheit, es zu genießen.