Altes E-Werk, 10. 3. 2012

Von Rebellion und Romanzen


So mancher, der zum Irish-Folk-Abend mit den „More Maids“ ins Alte E-Werk Neckargemünd kam, mag sich einen Moment lang an seine Studienjahre Anfang der Siebziger erinnert haben – eine Zeit, in der die Studentenbewegung mit politischen Aktionen den Kampf der Iren gegen die britische Vorherrschaft in Nordirland unterstützte. Ein Menge Guinness floss damals in den Irish Pubs durch die Kehlen der Jungakademiker, und politische Songs wie „The Men Behind the Wire“ liefen auf den Plattentellern heiß.

Die Zeit der historisch-patriotischen „Rebel Songs“ ist inzwischen Geschichte. Doch auch in den traditionellen irischen und schottischen Balladen und Folksongs, die die „More Maids“ vortragen, steckt einiges an Rebellion und Widerstand. Weiblichem Widerstand, denn diese Balladen handeln vor allem von Mädchen und Frauen und ihren spezifischen Gefühlslagen: mal sanft, mal verzagt oder tief traurig, mal fest entschlossen oder auch richtig böse.

Ein berührender poetischer Zauber liegt in der Sprache und Erzählweise dieser gesungenen Geschichten, die mehr andeuten als preisgeben und es der Fantasie der Zuhörer überlassen, sich die Details auszumalen. Die Ballade „Eppie Morrie“ erzählt von einem jungen Mädchen, das dank heftigen Widerstands die von einem Verehrer erzwungene Nacht als Jungfrau übersteht.



Einigen Spott über seine Zurückhaltung erntet dagegen in „Shepherd Lad“ein Schafthirte, der eine junge Frau „in den Kleidern, in denen sie geboren wurde“ aus dem Meer steigen sieht und ritterlich-sittsam nach Hause begleitet.

„New Market Day“ und andere Songs berichten von zarten Romanzen und der klassischen großen Liebe. Doch die geht oft schief und hinterlässt nichts als Sehnsucht („Horo my Johnny“) oder endet gar mit Kindsmord („Fine Flowers“).

Barbara Hintermeier mit ihrem virtuosen Spiel auf der „Fiddle“, Barbara Coerdt mit einer in Irland entwickelten Variante der griechischen Bouzouki und Marion Fluck mit Tin Whizzle, Querflöte und Knopfakkordeon verstehen sich auf die Kunst des „Storytelling“, übersetzt in eine facettenreiche, mitreißend rhythmische Musik mit authentischem „Irish Feeling“. Und über all dem schwebt ein harmonischer dreistimmiger Gesang, in dem die glockenklare Stimme Barbara Coerds besondere Akzente setzt.

Mit humorvollen Anmoderationen führten die „More Maids“ durch einen Abend voll heiterer, melancholischer und düsterer Balladen, im stetigen Wechsel mit schwungvollen Tanzstücken und rhythmischen Instrumentals, die das Publikum zum Mitklatschen und zu spontanen „Hep-“ und „Yeah“-Rufen animierten.