Altes E-Werk Neckargemünd, 28.1.2012

Rasante Bahnfahrten durch blühende Sprachlandschaften


Neckargemünd. Ein Lächeln kommt nur selten über seine Lippen. Nun ja, den Kabarettisten Thomas C. Breuer und seine „Zwangsheimat“ Baden-Württemberg ereilt in diesem Jahr das gleiche Schicksal: 60 Jahre werden sie alt, feiern also sozusagen Eiserne Hochzeit – und da kann man schon mal etwas nachdenklich werden.

Oder schaut er so bissig, weil er vor einigen Jahren aus jener lieblichen kleinen Gemeinde in der Nähe von Hoffenheim, genannt „Heidelberg“, nach Rottweil umgezogen ist? Anlässlich des herannahenden denkwürdigen Doppelgeburtstags fand nun unter dem Motto „Günschtig!“ eine kabarettistische Feier- und sprachartistische Feuerstunde – in Kurzform: „Breuerstunde“ – im Alten E-Werk Neckargemünd statt.

„Günschtig!“ war zunächst für den Kabarettisten wie auch für den Arbeitskreis Kultursommer als Veranstalter, dass das Alte E-Werk bis auf den letzten Klappstuhl ausverkauft war. „Günschtig!“ war auch, dass der Mikofonausfall zu Beginn des Abends schnell behoben werden konnte. Ein Kurzschluss im E-Werk: Das wäre ja schon die erste – wenngleich unfreiwillige – Pointe des Abends gewesen.

„Günschtig!“ ist aber vor allem der Titel des Buches, das der passionierte Bahnfahrer und unermüdliche literarisch-kabarettistische Pointensucher und Gagfinder Breuer zum Jubeljahr veröffentlicht hat. Das gesamte Streckennetz Baden-Württembergs hat er dafür abgefahren. Dabei ist nicht nur eine Hitliste der verrücktesten Bahndurchsagen entstanden („Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben soeben den Hauptbahnhof Hanau verpasst!“), sondern auch ein beachtliches dichterisches Oeuvre („Die Bahn kann mir keinen Unmut bereiten / Ich hänge mein Herz nicht an Abfahrtzeiten“) sowie ein Sprachkuriositäten-Potpourri sondergleichen.



Highlights der rasanten rhetorischen Bahnfahrten Breuers durch die blühenden Sprachlandschaften von Baden und Württemberg sind zweifelsohne sein „Landesgedicht aus Stadt-Land-Flussnamen“ und das „Universal-Heimatlied“. Dabei entfaltet sich die spezifische Breuer‘sche Komik quasi aus dem Nichts, aus einem zunächst völlig unverdächtig daherkommenden Wort. So ist ja der Name der Stadt „Laufen“ an und für sich nichts Besonderes. Wenn aber eine Zugdurchsage nölt: „Nächster Halt: Laufen!“, dann könnte das auch eine Drohung sein. Unsere Alltagssprache wird zur Besonderheit und Absonderlichkeit, sobald Breuer seinen messerscharfen kabarettistischen Blick darauf wirft.

Sprachperlen des Alltags, an denen wir achtlos vorbeigehen, fördert Breuer mit der Akribie und leidenschaftlichen Sammelwut eines nach besonderen Arten suchenden Pflanzenforschers zu Tage und archiviert sie in den Botanisiertrommeln des Dichters: in Büchern.

Aber auch als Musiker respektive „Blueser“ muss Breuer erwähnt werden, denn die Mundharmonika begleitet ihn – geräuschtechnisch effektvoll – bei seinen Kabarettvorträgen. Sein Einsatz mit der Blues Harp hat ihm 2011 sogar den „Blues-Louis“ des 31. Lahnsteiner Bluesfestivals eingebracht – kein Wunder bei einem, der „Blue Notes“ schon als Schüler im Zeugnis hatte.

Am Ende gab Breuer auch zum Drama um unseren gegenwärtigen Bundespräsidenten noch eine aktuelle Sprachparodie zum Besten: Ist Christian Wulff nun ein blinder Blonder oder ein blonder Blender? Und dann lächelte der Kabarettist doch ein wenig.