Altes E-Werk, 24.4. 2010

„Geht’s noch?“ – Kabarett mit Robert Griess

Rational, intellektuell ist der Blick, den uns der politische Kabarettist Robert Griess durch seine runde Brille von den Veranstaltungsplakaten aus zuwirft. Aber kaum stand er dann auf der Bühne des Alten E-Werks, legte er mit der Brille auch gleich jegliche Ausgewogenheit und politische Korrektheit ab. Stattdessen gab es starken Tobak: Warum nicht mal alle unfähigen Manager und Politiker an die Windräder hängen, die sich in deutschen Landen drehen? So unvermittelt in den bisweilen bitterbösen Griess-Kosmos katapultiert zu werden, mag manchen geneigten Fan des politischen Kabaretts im vollbesetzten E-Werk vorübergehend irritiert haben.

Mit sichtlichem Behagen schlüpfte Griess sodann in die Rolle seines kabarettistischen Alter Ego: des Herrn Stapper, eines polternden, polemisierenden Kölner Unterschichts-„Asi“, und natürlich ist der auf Hartz IV. Ein Arbeits-„looser“, aber einer mit ungebremstem Selbstbewusstsein und einer Menge dünkelhafter Wut im Bauch auf Mittelschichtskampfmütter, Bioläden, Waldorfschulen und schwafelnde Politiker.

„Soooo’n Hals“ hat Herr Stapper auch, weil Sohn Kevin Fernando schon aufgrund seiner Vornamen in der Schule den Stempel „Unterschicht“ weg hat. Und alle Philipps und Alexanders bessere Noten kriegen.

„Da tu‘ ich was“, sagt Stapper, „da bin ich für die Revolte“. Und zahlt es mit hämischer Unterschichts-List und „Proll“-Tücke denen heim, die seinen Stolz verletzen. So auch den betuchten Kunden im Bioladen, die dort mit vollem Portemonnaie auf Öko machen und dann beim Aldi den Hartz-IV-Langschläfern die Sonderangebote wegschnappen.

Hin und wieder verließ Griess seine raumgreifende Proletenrolle und bewies mit eloquenten Sprachspielen und politischen Seitenhieben („zwischen Schwarzgelb und Schwarzgeld ist kein großer Unterschied“), dass ein Abitur in Nordrhein-Westfalen trotz seines zweifelhaften Rufs so schlecht nicht sein kann. Dennoch unterlief dem Kabarettisten mit der Ansprache ans Publikum: „Sie als Schwaben…“ der wohl größte Fauxpas, den man in der Kurpfalz machen kann. Das Publikum verzieh ihm amüsiert.

Unterhaltsam gerieten die fiktiven Gespräche zwischen den drei Spielplatz-Vätern Stapper, Schober (einem unentschlossenen Altlinken) und Griess. Zeichen müsse man setzen, und – klar – Revolte sei angesagt. Nur: wie? Ein Stammtisch am Mittwoch könnte helfen. Und wenn der schief ginge, gäbe es ja immer noch die Bundesliga …